Trotz strenger Gesetze: Erstes Abtreibungs-Hilfszentrum Polens eröffnet

Es ist ein starkes Signal: Direkt gegenüber dem polnischen Parlament ist am Freitag das erste Abtreibungs-Hilfszentrum des Landes eröffnet worden. Es sei ein „historischer Moment“, da dies bislang noch niemandem gelungen sei, sagte die Koordinatorin des Zentrums, Anna Pieta, vor Journalisten. In den Räumen eines ehemaligen Kaufhauses im Zentrum von Warschau erhalten Frauen ab sofort Beratung und Unterstützung beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch.

Das Zentrum solle keine klassische Abtreibungsklinik sein, sondern eher an das eigene Zuhause erinnern – mit Badezimmer, Sofa mit Decken, einer Möglichkeit zur Zubereitung von Tee und Kaffee, sagte Justyna Wydrzynska, eine Aktivistin der Organisation Abortion Dream Team. „Es ist ein Ort, an den Sie kommen können und voller Verständnis und Akzeptanz ihre Tablette einnehmen und von unserer Unterstützung profitieren können.“ 

Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Derzeit ist ein Schwangerschaftsabbruch in einem Krankenhaus nur dann legal, wenn die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist, wenn Inzest vorliegt oder eine direkte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Mutter besteht. Beihilfe zur Abtreibung kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Nicht strafbar machen sich allerdings Frauen, die ihren Schwangerschaftsabbruch selbst vornehmen – etwa durch die Einnahme von im Internet bestellten Abtreibungspillen. Für diese Möglichkeit will das pünktlich zum Internationalen Weltfrauentag am 8. März eröffnete Zentrum in Warschau Unterstützung bieten. „Die Frauen können mit ihren eigenen Pillen hierher kommen“, sagte die Aktivistin Natalia Broniarczyk. 

Das liberalkonservative Regierungsbündnis des heutigen Ministerpräsidenten Donald Tusk hatte vor seinem Wahlsieg im Herbst 2023 eine Lockerung der strengen Abtreibungsgesetze versprochen. Seit Tusks Amtsantritt im Dezember 2023 hat sich jedoch im Parlament keine Mehrheit für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts gefunden.

Das Abtreibungs-Hilfszentrum sei deshalb „an der wichtigsten Straße von Warschau“ eröffnet worden, „um die Politiker jeden Tag daran zu erinnern, dass wir existieren, dass Abtreibungen eine Realität sind und dass Versprechen gehalten werden müssen“, sagte Broniarczyk.

Aktivistin Wydrzynska war 2023 für schuldig befunden worden, einer Frau bei einer Abtreibung geholfen zu haben. Es war das erste Urteil dieser Art in Polen. Im Februar hatte ein Gericht das Urteil aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet.

Laut der Organisation Abtreibungen ohne Grenzen werden in Polen jedes Jahr bis zu 150.000 Abtreibungen vorgenommen. Offiziellen Angaben zufolge gab es im Jahr 2024 nur 896 Abtreibungen in Krankenhäusern.

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