Kommunen: Staatsbeauftragter kritisiert Löhnberger Mandatsträger

Monatelang hat Heiko Stock die Finanzmisere von Löhnberg aufgearbeitet. Zum Ende seiner Tätigkeit zieht er Bilanz – und wirft Mandatsträgern Versäumnisse vor.

Nach seiner Tätigkeit in der mittelhessischen Gemeinde Löhnberg hat der vom Regierungspräsidium Gießen als Staatsbeauftragter eingesetzte Heiko Stock eine kritische Bilanz gezogen. Er sei weniger vom Ausmaß der Finanzmisere überrascht gewesen, als vielmehr davon, dass in Löhnberg „Grundprinzipien des Kommunalverfassungsrechts nicht beachtet wurden“, erklärte Stock auf Anfrage. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

So sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass „die überwiegende Zahl der Mandatsträger“ bestimmte Vorgehensweisen „über viele Jahre akzeptiert“ habe. Für Gemeindevorstandssitzungen in Löhnberg beispielsweise habe es „immer die gleiche Tagesordnung“ gegeben – ohne Beratungsvorlagen, erklärte Stock. „Es wurden teilweise 18 Einzelpunkte in 16 Minuten abgearbeitet, was gegen eine intensive und sachorientierte Arbeit spricht.“

Löhnberg im Landkreis Limburg-Weilburg hatte über Jahre Schulden angehäuft. In diesem Zusammenhang gab es auch Durchsuchungen. Laut Staatsanwaltschaft Frankfurt soll die Gemeinde dem Regierungspräsidium (RP) Gießen gegenüber erklärt haben, es lägen prüffähige Jahresabschlüsse beim Rechnungsprüfungsamt. Aus diesen vermeintlichen Jahresabschlüssen seien Zahlen übermittelt worden, die das RP zur Prüfgrundlage für seine Haushaltsgenehmigung gemacht habe, hatte die Staatsanwaltschaft erklärt. Tatsächlich sollen jedoch keine prüffähigen Jahresabschlüsse dem Rechnungsprüfungsamt vorgelegen haben.

Mehr Ausgaben als Einnahmen und eine fatale Bürgschaft

Auf Bestellung des RP war zum 1. Oktober vergangenen Jahres Stock als Staatsbeauftragter zur Aufarbeitung des Debakels eingesetzt worden. Um diesen Schritt hatte zuvor die Kommunalaufsicht des Landkreises Limburg-Weilburg gebeten. Offiziell endet Stocks Tätigkeit Ende dieses Monats, der im Februar neu gewählte Bürgermeister Reiner Greve (parteilos) hatte am Freitag die Amtsgeschäfte übernommen. 

Der parteilose Stock, selbst ehemaliger Bürgermeister von Lautertal im Vogelsbergkreis, hatte Anfang März auf Basis seiner Tätigkeit mitgeteilt, dass die Gemeinde in den vergangenen Jahren durchschnittlich bis zu einer Million Euro mehr ausgegeben als eingenommen habe. Aus verschiedenen Gesellschaften dürften zudem zusätzliche Belastungen auf die Gemeinde zukommen. So beliefen sich allein die Darlehensverbindlichkeiten bei der Löhnberger Grundbesitz GmbH, für die ein Insolvenzantrag gestellt wurde, auf rund 5,6 Millionen Euro, für die die Gemeinde zu 80 Prozent bürge.

Regierungspräsidium lobt die Aufklärungsarbeit

Das Regierungspräsidium Gießen erklärte, Stocks Tätigkeit sei „entgegen der anfänglichen Ansicht von Teilen der Löhnberger Gemeindevertreter“ zwingend erforderlich gewesen. Durch seine Tätigkeit seien Einblicke in die vorhandenen Strukturen gewonnen worden und es sei deutlich geworden, „wo sich die Gemeinde in Zukunft besser aufzustellen hat“, so das RP. „Dabei hat er unter anderem grundlegende Dinge wie das Haushaltssicherungskonzept, die Abläufe der Sitzungen des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung und die Bewertung der Gesellschaften auf den Weg gebracht sowie nicht zuletzt das Problembewusstsein innerhalb der Gemeinde und der Gemeindegremien geschärft.“ 

Auf Stocks Arbeit gelte es nun weiter aufzubauen, ergänzte das RP Gießen. „Fest steht, dass durch die Gemeinde und den zukünftigen Bürgermeister weitere Kraftanstrengungen unternommen werden müssen, um die finanzielle Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen.“ Die Aufarbeitung müsse offen und transparent weitergeführt werden. So würden von der Gemeinde künftig monatliche Statusberichte zum Haushaltsvollzug eingefordert.

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