Dämpfer fürs Wachstum: Wirtschaftsinstitute senken Prognose für Deutschland deutlich

Führende Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren für Deutschland in diesem Jahr ein kleines Minus beim Wirtschaftswachstum – wegen der US-Zollpolitik.

Die führenden Wirtschaftsinstitute des Landes haben ihre Wachstumserwartungen für das laufende Jahr drastisch abgesenkt. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump wird Deutschland nach Einschätzung führender Wirtschaftsforschungsinstitute in der Rezession halten.

In ihrer am Mittwoch vorgestellten Gemeinschaftsdiagnose gehen die Institut statt wie zuvor von 0,8 Prozent nur noch von 0,1 Prozent Wachstum im Jahr 2025 aus. Davon müssten aber wegen der US-Zollpolitik mindestens 0,1 Prozentpunkte abgezogen werden, hieß es. Hinzu kämen strukturelle Problemen wie der Fachkräftemangel und ausufernde Bürokratie.

Deutschland droht damit ein drittes Jahr der Rezession, also anhaltend schrumpfender Wirtschaftsleistung.

Wirtschaft: Investitionen bringen erst „nach und nach“ Wachstumsschub

Von der neuen Bundesregierung und der Verfassungsänderung, um schuldenfinanziert die Investitionen in Verteidigung, Klimaschutz und Infrastruktur anzukurbeln, erwarten die Forschenden positive Impulse, jedoch erst „nach und nach“. Demnach dürften in diesem Jahr „kaum zusätzliche Mittel für Verteidigung und Investitionen abgerufen werden“. 

Unter anderem wegen des Investitionspakets rechnen die Institute dann im kommenden Jahr mit 1,3 Prozent Wachstum – allerdings von einem niedrigeren Niveau ausgehend. 0,3 Prozentpunkte gehen dabei auf eine höhere Zahl an Arbeitstagen zurück. Hier sind die jüngsten US-Zölle allerdings nicht eingerechnet.

„Deutschland leidet nicht nur unter einer Konjunkturschwäche, sondern hat vor allem Strukturprobleme“, betonten die Ökonomen und Ökonominnen. China macht Konkurrenz, ein Teil der energieintensiven Industrie scheint dauerhaft weggebrochen, schreiben die Fachleute. Demnach schrumpft die Erwerbsbevölkerung, und die Bürokratie drückt. 

„Sie lassen sich nicht durch eine bloße Erhöhung der Staatsausgaben lösen und machen potenzialstärkende Reformen umso dringlicher.“

Der Rat der Institute: Die sozialen Sicherungssysteme in einer alternden Gesellschaft absichern, mehr Anreize zum Arbeiten und qualifizierte Zuwanderung. Energiepreise müssten sinken, Treibhausgas-Einsparungen vorrangig über einen CO2-Preis erzielt werden. Auch eine «durchgreifende Entbürokratisierung» sei nötig.

Handelspolitik der USA beeinflussen Wirtschaftswachstum in Deutschland

Mit Blick auf die US-Zölle haben die Forschenden den möglichen Effekt der Aufschläge auf Aluminium-, Stahl- und Autoexporte in die USA beziffert. Sie könnten demnach „den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr und im kommenden Jahr um jeweils 0,1 Prozentpunkte verringern“. 

US-Präsident Donald Trump hatte jedoch am 2. April weitere Zölle verkündet und diese zuletzt wieder gesenkt. Auch seien die konkreten Auswirkungen von Trumps Politik schwer zu quantifizieren, „da im derzeitigen globalisierten Wirtschaftsgefüge Zollsätze noch nie so stark angehoben wurden“. Wenn Trumps jüngste Zollerhöhungen von Anfang April sowie Gegenzölle hinzukommen, dürften sich die Einbußen auf jeweils 0,2 Prozentpunkte in beiden Jahren verdoppeln, so die Fachleute. „So hohe Zollsätze gab es in den USA seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht“, schreiben die Experten.

Stabile Inflation bis 2026

„Die geopolitischen Spannungen und die protektionistische Handelspolitik der USA verschärfen die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland“, erklärte Torsten Schmidt, Konjunkturchef des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). „Zusätzlich sehen sich deutsche Unternehmen einem verstärkten internationalen Wettbewerb ausgesetzt – vor allem aus China.“

Bei der Inflation erwarten die Institute keine größeren Ausschläge. So sollen die Verbraucherpreise in diesem Jahr erneut um 2,2 Prozent zulegen. 2026 soll die Teuerungsrate dann auf 2,1 Prozent fallen. Die Frühjahrsprognose dient der Bundesregierung als Basis für ihre neuen Projektionen, die wiederum die Grundlage für die Steuerschätzung bilden.

Die Deutschen sparen

Auch wenn die Menschen wieder mehr Geld in der Tasche haben, legte der private Konsum im vergangenen Jahr mit 0,3 Prozent nur wenig zu. Viel Geld floss in Ersparnisse, die Sparquote lag 2024 bei 11,4 Prozent – so viel vom verfügbaren Einkommen gaben private Haushalte nicht aus, sondern legen es zurück.

Die Arbeitslosenquote dürfte dem Gutachten zufolge von 6,0 Prozent im vergangenen auf 6,3 Prozent im laufenden Jahr steigen und im kommenden Jahr wieder auf 6,2 Prozent sinken. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, am Bau und bei Unternehmensdienstleistern gingen Arbeitsplätze verloren. Im öffentlichen Dienst, in der Erziehung und im Gesundheitsbereich entstünden neue Jobs. 

Die «Gemeinschaftsdiagnose» wird im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstellt vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Ifo Institut, dem Kiel Institut für Weltwirtschaft, dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen. Sie fließt ein in die Regierungsprognose, auf deren Basis werden die Steuereinnahmen geschätzt.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

wir-informieren-sie24.com © 2025

DE276860132 | Eichenstraße 34, 65933, Frankfurt am Main | +4969 94146668 | [email protected]

Datenschutzerklaerung|Datenschutzbestimmungen|Allgemeine Geschäftsbedingungen|Impressum