Santiano-Musiker Timsen mit Solo-Album: Plattdeutsch ist seine Sprache der Seele

Bis zum nächsten Santiano-Album dauert es noch ein paar Monate – und die Pause nutzt Sänger Timsen für ein eigenes Projekt.

Mit der Band Santiano hat der norddeutsche Sänger Timsen (59), der eigentlich Hans-Timm Hinrichsen heißt, riesige Erfolge gefeiert. Am 25. April bringt er sein Solo-Album „Vun Hier“ auf den Markt, das er in einem Release-Konzert am 30. April im Gruenspan in Hamburg vorstellt. Das Besondere: Er singt in seiner Heimatsprache Plattdeutsch. Auf einigen Liedern sind zudem Kollegen wie Wolfgang Niedecken (74) und Stefanie Heinzmann (36) zu hören, die ebenfalls ihre Mundart vortragen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verrät Timsen, wieso das nicht das Ende von Santiano ist, welchen plattdeutschen Ausdruck er am liebsten hat und warum er seinen 60. Geburtstag nicht groß feiern will.

Sie sind so erfolgreich mit Santiano. Warum haben Sie nun auch noch ein Solo-Projekt gestartet?

Timsen: Ich habe früher ja auch schon Solo-Platten auf Plattdeutsch gemacht. Dann kam quasi Santiano dazwischen, und ich hatte über zwölf Jahre überhaupt keine Zeit. Aber ich hatte immer im Kopf, irgendwann doch mal wieder so ein Ding zu machen. Und ich wollte eben auch gern ein Album mit Gästen aufnehmen, um verschiedene Mundarten zusammenzubringen. Mundarten bereichern ja die ganze Sprachenvielfalt. Es besteht aber keinerlei Konkurrenz zu Santiano. Im Gegenteil, die Kollegen unterstützen mich total dabei.

Welches Lied der Platte ist Ihnen besonders wichtig und warum?

Timsen: Also grundsätzlich hast du ja bei so einem Album immer das Ding, dass du dich in jeden Song total reinvertiefst und versuchst, das Möglichste rauszuholen. Und dann, nach einer Weile, hast du Songs, wo du denkst: ‚Oh ja, den findest du doch am besten.‘ Also ich habe einen Titel, über den freue ich mich sehr. „Wi holt tosom“ ist ein Vergleich für eine Partnerschaft. Da vergleiche ich eine Beziehung mit einem Baum. Es beginnt als kleine Pflanze, die immer stärker wächst.

Sie sind ja auch schon lange mit Ihrer Frau zusammen…

Timsen: Also verheiratet sind wir 27 Jahre, und zusammen sind wir seit 1991. Ja, für heutzutage ist das schon lange. Aber im Vergleich zu früheren Generationen ist das ja gar nichts.

Und Sie sprechen immer Plattdeutsch miteinander?

Timsen: Meine Frau kann Plattdeutsch, aber spricht es selten. Und so habe ich das leider nicht so beinhart zu Hause durchgezogen. Und das werfen mir meine drei Töchter heute noch vor. Sie können sich zwar ein bisschen ausdrücken und verstehen die Sprache auch. Aber sie nutzen sie im Alltag leider nicht.

Warum ist Ihnen Plattdeutsch so wichtig?

Timsen: Ich lebe und denke auf Plattdeutsch. Ich träume auf Plattdeutsch und manche sagen ja sogar, ich mache die Steuererklärung auf Plattdeutsch. Ich bin echt in meiner Muttersprache, mit der ich auf dem Dorf groß geworden bin, hängen geblieben. Es ist einfach meine Sprache der Seele, wie Wolfgang Niedecken es so schön formuliert hat.

Mit Ihrem Album tragen Sie nun dazu bei, das Bewusstsein für Dialekte und Mundarten wiederzubeleben…

Timsen: Also wenn das hier und da den einen oder anderen ermuntert, ein bisschen Plattdeutsch zu sprechen, dann freue ich mich sehr. Ob das wirklich hilft oder ob das die plattdeutsche Sprache vorwärtsbringt, weiß ich nicht genau, aber es wäre schon cool, wenn ich irgendwann mal höre: „Mensch, wegen deiner Platte schnacke ich mal wieder platt.“ Aber ich habe nicht den Anspruch, dass ich derjenige bin, der das Plattdeutsche zurückbringt in die Gesellschaft. Ich möchte aber gerne dazu ermutigen, es einfach mal zu probieren und keine Hemmungen zu haben. Es gibt gar nicht das perfekte Plattdeutsch.

Haben sie einen plattdeutschen Lieblingsausdruck?

Timsen: Ja, und zwar „Mien Leevste“, meine Liebste. Da liegt doch wirklich das ganze Herz drin. Ich finde, es gibt einfach kein besseres Wort.

Stefanie Heinzmann bezeichnete die Zusammenarbeit mit Ihnen als ein „Fest“. Wie war es für Sie, mit den Kollegen im Studio zu stehen?

Timsen: Das war jedes Mal total herzlich und offen. Man muss dazu sagen, dass ich sie vorher alle nicht privat kannte. Wir haben überlegt, wen man für dieses Album anfragen könnte. Erst über die Zusammenarbeit haben wir uns dann kennengelernt. Und das finde ich auch gut, weil einen die Musik und die Songs zusammenbringen. Es bringt eine gewisse Distanz, aber bringt dich auch sehr nahe, zumindest in der Sache. Da sind wir wieder bei meiner Frau: Die habe ich auch auf der Arbeit kennengelernt. Und ich finde das bis heute super, weil es bei der Arbeit nicht darum geht, die Schokoladenseite zu zeigen, sondern die Sache gutzumachen. Man lernt sich ganz anders kennen.

In der Single-Auskopplung „Instagram“ beschäftigen Sie sich mit Ihrem späten Start in den sozialen Netzwerken. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit dazu?

Timsen: Ich hatte wirklich null Bezug zu dieser Social-Media-Geschichte. Bei Santiano übernehmen das zum Glück überwiegend meine Kollegen, und ich muss nur ab und an ein nettes Gesicht machen. Aber dann hat mein Management mich ermuntert, das auch einmal zu versuchen. Und so habe ich letztes Jahr das Wacken-Festival auf Plattdeutsch begleitet. Und das hat total Spaß gebracht. Ich wundere mich, wie viele Leute da drauf anspringen und das gut finden. Selbst in der Nachbarschaft oder beim Bäcker werde ich angesprochen. Also ich bereue den Einstieg nicht und werde Instagram weiter machen.

Im Herbst erscheint auch ein neues Santiano-Album. Klingt nach einem vollen Jahr für Sie! Wie tanken Sie zwischendurch Kraft?

Timsen: Ganz einfach. Ich steige aufs Rad und fahre ein bisschen durch die Gegend. Ich bin Spazierfahrer, habe mein Schwarzbrot und meinen Kaffee dabei und mache zwischendurch eine Pause. Oder ich lege einfach zu Hause die Füße hoch. Ich muss nicht unbedingt irgendwo hin, um abzuschalten.

Sie wohnen ja auch da, wo andere Urlaub machen, in Schleswig-Holstein.

Timsen: Ganz genau. Es ist das beste Urlaubsland überhaupt. Also wer entspannt aus dem Urlaub nach Hause will, der kommt erst mal nach Schleswig-Holstein.

Im Sommer steht noch Ihr 60. Geburtstag an. Wie werden Sie feiern?

Timsen: Gar nicht. Und das habe ich schon ganz, ganz viele Jahre so gemacht. Seitdem wir Kinder haben, war es so. Für mich war immer klar: Kein Besuch zum Geburtstag, sondern wir machen einen Family-Ausflug. Und ich bin ehrlich gesagt auch nicht so gerne Gastgeber. Ich bin gerne mit Freunden zusammen, aber Gastgeber muss ich nicht unbedingt sein.

Was möchten Sie in Ihrem neuen Lebensjahrzehnt erleben?

Timsen: Ich gucke jetzt erstmal, wie es mit meiner Solo-Geschichte läuft. Und klar, mit Santiano wird es auch weitergehen. Ich schmiede keine neuen Pläne, kein weiteres Musikprojekt und ich kaufe mir auch nicht irgendwo eine alte Mühle zum Restaurieren. Ich werde versuchen, mein Level zu halten und in ein paar Jahren schaue ich dann, wie es mir damit geht.

Ruhestand ist für Sie offenbar noch kein Thema?

Timsen: Nein, nein, nein, nein. Das habe ich nicht vor. Die Musik bringt mir einfach zu viel Spaß. Mein Solo-Projekt jetzt zum Beispiel ist wieder total spannend, weil ich auch ein völlig neues Umfeld habe. Ich habe eine neue Plattenfirma, ein anderes Management, eine andere Live-Band und so weiter. Jetzt freue ich mich erstmal auf mein Release-Konzert am 30. April im Gruenspan in Hamburg.

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