In Schengen wird der 40. Jahrestag des Schengener Übereinkommens über grenzenloses Reisen gefeiert. Es gibt auch kritische und mahnende Töne.
Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) fordert eine Rückkehr zu einem Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen. „Das sage ich ganz bewusst als jemand, der in der Grenzregion lebt, es muss uns etwas Klügeres einfallen, als noch einmal dafür zu sorgen, dass Grenzbeamte auf nicht vorhandene Schlagbäume auch aufpassen“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin bei einem Festakt zum 40. Jahrestag des Schengener Abkommens in Schengen.
Dies sei „ein Tag, an dem wir eben nicht nur zurückblicken, sondern den wir als Verpflichtung nehmen, dafür zu sorgen, dass Schengen gelebt werden kann“, sagte sie in dem luxemburgischen Moselort. Von 40 Jahren Schengen solle das „starke Signal“ ausgehen, „das da lautet: Schengen ist nicht das Problem, sondern Schengen ist die Lösung in und für Europa“, sagte Rehlinger.
Heute gehören 29 Länder zum Schengen-Raum
Der Jahrestag sei nicht nur Anlass auf 40 Jahre zurückzublicken. Er solle „für uns alle eine Mahnung“ sein, „vor allem auf die nächsten Jahre zu blicken und uns auch bewusst zu machen, dass das nicht selbstverständlich ist“, sagte sie mit Blick auf die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in mehreren EU-Ländern, darunter auch Deutschland.
Am 14. Juni 1985 hatten Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien und die Niederlande in Schengen den schrittweisen Abbau der Grenzkontrollen vereinbart. Heute gehören 29 Länder mit rund 420 Millionen Einwohnern zum Schengen-Raum.
Mahnende Worte von Luxemburgs Außenminister
Der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel rief zur Verteidigung des grenzenlosen Reisens im Schengen-Raum auf. „Eine Freiheit zu gewinnen, war ein Kampf. Sie wieder aufzugeben, kann sehr schnell gehen. Tun wir das nicht!“, sagte er. „Ich will nicht sagen, dass Schengen in Gefahr ist, denn wir verteidigen es. Aber Schengen wird getestet“, sagte Bettel. „Der freie Grenzverkehr muss die Regel und nicht die Ausnahme sein.“
„Man kann die Probleme der Außengrenzen und die Probleme der Migration nicht mit Kontrollen regeln. Man wird sie durch das Funktionieren und die Solidarität der 27 EU-Mitgliedsländer regeln können“, sagte Bettel. Er warnte vor Populismus und vor einer Tendenz, sich auf sich selbst zurückzuziehen.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte am Rande des Festakts der Deutschen Presse-Agentur zu den Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen: Sie müssten immer wieder von der deutschen Bundesregierung neu begründet werden. „Sie sind nicht als Dauerzustand vereinbart, sie sind nicht als Dauerzustand angelegt. Und demzufolge sollten sie auch kein Dauerzustand werden.“
Kontrollen auch am 40. Jahrestag
Schweitzer sagte, er sei nicht grundsätzlich gegen „lokale, zeitlich befristete, gut begründete Grenzkontrollen“. Es müsse für einen souveränen Staat möglich sein, seine Grenzen zu kontrollieren. „Aber wir müssen diese Gratwanderung jederzeit hinbekommen: Wir dürfen Europa und das, was wir in Europa erreicht haben, nicht wie ein Kind mit dem Bade ausschütten.“
Während Schweitzer mit Journalisten sprach, kontrollierten deutsche Bundespolizisten Autofahrer auf der deutschen Seite der Moselbrücke von Schengen. „Das ist die europäische Realität, in der wir uns zurzeit befinden. Ja, es ist ein Widerspruch für viele zu Schengen.“ Schweitzer sagte, er sehe seine Aufgabe darin, der Bundesregierung in Sachen Grenzkontrollen „immer wieder Hinweise zu geben, sehr sensibel damit umzugehen“.
Historisches Schiff wieder in Schengen
Schengen steht für ein offenes Europas ohne Grenzen. Die seit Mitte September 2024 an allen deutschen Außengrenzen wieder eingeführten Grenzkontrollen stoßen gerade im Dreiländereck zwischen Deutschland, Luxemburg und Frankreich auf Kritik.
Am Jubiläumstag wird auch die Rückkehr des Schiffes, auf dem 1985 das Übereinkommen unterzeichnet wurde, gefeiert. Das Schiff „Prinzessin Marie-Astrid Europa“ stehe symbolisch für die europäische Integration und die Vision eines grenzenlosen Europas, teilte die Gemeinde Schengen mit. Bis zur Fertigstellung des neuen Festanlegers wird das Schiff am alten Anleger festgemacht und kann dort besichtigt werden.
Zudem öffnete das neue Schengen Museum seine Türen. In der Ausstellung geht es um die Geschichte, die Gegenwart und die Zukunft des Schengen-Raums. Das historische Schiff ist Teil des neuen Museums. Die Gesamtkosten der Projekte belaufen sich auf knapp 18 Millionen Euro.