Im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Desasters um die Rahmede-Talbrücke muss Ministerpräsident Wüst als Zeuge aussagen. Wusste der Regierungschef um den maroden Zustand der wichtigen Brücke?
Konkrete Hinweise auf den bedrohlichen Zustand der inzwischen abgerissenen Rahmede-Talbrücke hat es nach Worten von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in seinen Behördenbesprechungen als Landesverkehrsminister nicht gegeben.
Zwar sei in den Runden mit dem Landesbetrieb Straßen NRW auch immer wieder über die Autobahn 45, auf der die Brücke liegt, gesprochen worden, sagte Wüst im Untersuchungsausschuss „Brückendesaster“ des Landtags. Eine Problematisierung der Brücke oder Handlungsbedarf seien dabei aber nicht Themen gewesen.
Keine Priorität für Rahmede-Brücke
Seit 2011 sei die Rahmede-Brücke alle drei Jahre bis 2020 geprüft worden und habe jedes Mal die Zustandsnote drei erhalten, sagte Wüst. Aus damaliger Perspektive habe die Eilbedürftigkeit bei der Rahmede-Brücke noch nicht zur Grundlage der Entscheidungen gemacht werden können, sagte Wüst mit Bezug auf Aussagen der damaligen Chefin des Landesbetriebs Straßen.NRW, Elfriede Sauerwein-Braksiek. Insofern sei das Projekt auch nicht mit oberster Priorität vorangetrieben worden.
Bei der Betrachtung im Nachhinein sei das natürlich ein Fehler gewesen, sagte Wüst. Er habe aber damals „keinen Anlass zu Argwohn“ gehabt. Denn aufgrund der Zustandsnote der Brücke habe es keinen Grund gegeben, das Schadenausmaß der Brücke zu vermuten, wie es sich später gezeigt habe.
Die ganze Brücke sei ihm gegenüber zuvor nicht problematisiert worden. „Ich hatte keinen Anlass dazu, genau zu diesem Projekt spitz nachzufragen“, sagte Wüst. Die Entscheidungen, wann welche Brücken neu gebaut würden, treffe zudem die fachliche Ebene, habe Sauerwein-Braksiek damals gesagt.
Schwerwiegende Folgen der Sperrung und des Abrisses
Wüst war von 2017 bis zu seinem Amtsantritt als Regierungschef im Oktober 2021 Landesverkehrsminister. Anfang 2021 war die Zuständigkeit für Autobahnen in NRW in die Zuständigkeit des Bundes übergegangen.
Im Dezember 2021 hatten Experten bei einer Kontrolle der Rahmede-Talbrücke schwere Schäden festgestellt, die Brücke wurde wegen Einsturzgefahr umgehend gesperrt und im Mai 2023 gesprengt. Der komplexe Neubau begann im Oktober 2023. Im Frühjahr 2026 soll die Brücke eröffnet werden.
Die Unterbrechung der wichtigen Verkehrsachse auf der A45, die das Ruhrgebiet mit dem Ballungsraum Frankfurt verbindet, hat seit Ende 2021 gravierende Folgen für den Verkehr und die Wirtschaftsregion Südwestfalen.