Angesichts der Milliardendefizite in den sozialen Sicherungssystemen hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Menschen in Deutschland auf größere Lasten eingestimmt. „Die Bevölkerung muss wissen, dass für Altersversorgung, Vorsorge für die eigene Gesundheit, Gesundheitsversorgung und Pflegebedürftigkeit im Alter auch höhere Anstrengungen von uns allen unternommen werden müssen“, sagte Merz am Freitag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dies sei „nicht alleine mit Geld vom Staat zu tun und zu leisten“.
Merz verteidigte auch die geplante Bürgergeldreform und verwies in diesem Zusammenhang auf die Ausnutzung von Transferleistungen. Es gebe in Deutschland „viele, die sich die Möglichkeiten unseres Sozialstaates zunutze machen“, sagte er. Mit Blick auf die über fünf Millionen Bürgergeld-Beziehenden sagte der Kanzler, es gebe „ganz offensichtlich ein Problem, die Menschen ausreichend in den Arbeitsmarkt zu integrieren“. Deshalb sei eine Reform des Bürgergelds nötig, auch um „falsche Anreize“ zu vermeiden.
Generell warnte Merz vor zu großen Erwartungen an staatliche Leistungen. „Die Rufe nach dem Staat sind Rufe an uns alle selbst“, sagte der Kanzler. „Der Staat sind wir alle, und wir müssen uns auch in unserer Gesellschaft darüber verständigen, wie wir das verfügbare Einkommen, das wir haben, in Zukunft verwenden“ – gerade auch für die Sozialversicherungen. „Da steht uns eine große, auch gesellschaftspolitische Kraftanstrengung bevor“, fügte Merz hinzu.
In eine ganz andere Richtung gingen Äußerungen von SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf, der Merz‘ Überlegungen zu einer Deckelung des Wohngelds für Bürgergeld-Empfänger kritisierte. „Wir müssen endlich aufhören zu glauben, dass wir den Staat auf Kosten der Bürgergeldbezieher sanieren könnten. Das ist schlichtweg falsch“, sagte Klüssendorf dem Portal t-online (Freitag).
„Wir haben ein Existenzminimum in Deutschland, an dem niemand rütteln kann“, sagte Klüssendorf. „Der einzige und entscheidende Hebel ist doch, wie wir Menschen wieder in Arbeit bringen.“
Merz sagte, er gehe davon aus, dass nach den Sommerferien die ersten konkreten Reformvorschläge aus dem Arbeitsministerium diskutiert werden könnten. Bei den geschätzt zurzeit gut 50 Milliarden Euro an Ausgaben für das Bürgergeld müsse „ein signifikanter Teil“ reduziert werden, führte der Kanzler aus. „Das müssen wir schon allein aus haushalterischen Gründen, aber das wollen wir auch, weil wir einfach sehen, dass hier Fehlanreize gesetzt werden.“ Auf eine bestimmte Zahl wollte er sich aber nicht festlegen.
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Bürgergeld „zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umgestaltet werden soll. In diesem Kontext sollen etwa die Vermittlung in Arbeit und die Betreuung Arbeitssuchender gestärkt und zugleich auch die Mitwirkungspflichten und Sanktionen verschärft werden.