Josef Fritzl gilt laut Gutachten als dement und ungefährlich. Seine Anwältin fordert nun erneut die vorzeitige Haftentlassung des „Monsters von Amstetten“.
Als das „Monster von Amstetten“ ging Josef Fritzl in die Geschichte ein. 1984 entführte der Österreicher seine damals 18-jährige Tochter, sperrte sie in den Keller seines Hauses und zeugte mit ihr sieben Kinder, von denen eines kurz nach der Geburt starb. 2008 flog der Fall auf, Fritzl erhielt eine lebenslange Haftstrafe. Im Mai 2024 durfte er laut Beschluss des Landesgerichts Krems von der geschlossenen Psychiatrie des Maßnahmenvollzugs in den Normalvollzug wechseln. Seitdem hofft er auf seine Entlassung.
In ihrem Podcast „Plädoyer für Verbrecher“ berichtet seine Anwältin nun, dass sie erneut einen Antrag auf eine bedingte Entlassung für ihren Mandanten gestellt hat. Ein von einer Psychiaterin erstelltes Gutachten habe ergeben, dass der 90-Jährige „in keiner Weise noch gefährlich“ sei. Auch habe ein „massiver Gefährlichkeitsabbau“ stattgefunden. Zudem habe die Ärztin festgestellt, dass Fritzl an einer fortschreitenden Demenzerkrankung leide – ein Zustand, der nach Aussage der Anwältin auch für sie „bereits erkennbar“ sei. Die Krankheit habe zu einem „Umbau der Persönlichkeit“ geführt. Er sei „quasi ein anderer Mensch geworden“ und eine weitere Strafe mache „keinen Sinn mehr“. Außerdem verhalte er sich im Gefängnis „vollkommen unaggressiv“.
„Er ist in dem Wahn, dass er wahnsinnig beliebt ist“
Die Demenz äußere sich unter anderem darin, dass Fritzl mit seinem Fernseher interagiere. So sei er überzeugt, dass ihm das Publikum im „Musikantenstadl“ oder auch Donald Trump zuwinke. Einmal habe er erzählt, andere Häftlinge hätten ihm zugeprostet und sich mit ihm auf die Freiheit gefreut. Er glaube auch, eine Fußballmannschaft werde zu seinen Ehren auflaufen. „Er ist in dem Wahn, dass er wahnsinnig beliebt ist“, so Wagner.
Normale Nachrichten nehme er jedoch wahr und könne sowohl den Krieg in der Ukraine als auch den Nahostkonflikt realistisch einschätzen. Besonders weh tun würde es ihm, „wie die Kinder dort leiden“.
Astrid Wagner ist die Anwältin von Josef Fritzl
© Helena Lea Manhartsberger
Einmal im Monat besucht ihn Wagner im Gefängnis. Zwar habe er einen Rollator verschrieben bekommen, benutze ihn jedoch ungern. „Mir gegenüber tut er so, als sei alles in bester Ordnung.“ Gleichzeitig ziehe er sich zurück und klage, wenn sie längere Zeit nicht bei ihm gewesen sei. „Ich glaube, das hängt mit der Alterung und der Demenzentwicklung zusammen – er fühlt sich sehr schnell verlassen.“
Trotz seines hohen Alters, seiner Demenz und der Schwere seines Verbrechens, hoffe sie, dass Fritzl wieder schon bald wieder auf freien Fuß kommt. Schließlich habe er schon 17 Jahre der ursprünglich verhängten 15 Jahre abgesessen. „Und weil es das Gesetz eben gibt. Und das Gesetz gilt für alle gleich“, argumentiert sie. „Ich denke, dass auch er ganz einfach diese Chance verdient hat“. Zudem würde er seine Taten bereuen, immer wieder „in Tränen ausbrechen“, wenn er darüber spreche, dass er „eben seine Familie zerstört hat“.
Wagner glaubt, Josef Fritzl wird noch ein paar Jahre leben
Auch seine schwere Kindheit dürfe man nicht außer Acht lassen. Fritzl sei noch stark vom Nationalsozialismus geprägt gewesen. Seine Mutter sei im KZ gewesen, und man habe ihr in seinem Beisein „ein Auge ausgeschlagen“ Die Mutter sei zudem „selber auch wahrscheinlich gestört“ gewesen, habe ihn als Junge an den Tisch gefesselt. Das solle zwar seine Taten nicht rechtfertigen, „aber es gibt eine Erklärung, warum dieser Mensch zu dem geworden ist, als dass er dann eben diese Verbrechen begangen hat. Ich glaube, man muss immer die Geschichte eines Menschen eben hier einbeziehen“, so Wagner.
Damit Fritzl aber überhaupt entlassen werden könne, müsse man ihn jedoch erst auf die Freiheit vorbereiten. Das sei bislang noch nicht geschehen: „Für mich ist es unverständlich, dass da überhaupt nichts unternommen wird. Ich meine, der Herr Fritzl bekommt zwar nach wie vor eine sehr gute Psychotherapie, aber das ist natürlich zu wenig. Er muss auch Ausgänge und Sozialtraining bekommen.“ Es sei wichtig, dass „er auch wieder lernt, wie man ins Kaffeehaus geht“. Zudem wisse er „nicht einmal wie ein Handy funktioniert oder das Internet“.
Auch wenn er psychisch und mental abbaut, glaubt Wagner, dass Fritzl noch einige Zeit leben wird. „Er macht körperlich einen guten Eindruck auf mich.“ Ihrer Einschätzung nach könnte es noch ein, zwei Jahre dauern, bis Fritzl wieder frei kommt. Sie hofft, dass mit seiner Entlassung die Gesellschaft „eine Möglichkeit haben wird, zu lernen, dass man auch verzeihen kann und dass ein Mensch sich einfach weiterentwickelt“.