Schrift verblasst: Berühmte Melodie – „Sandmännchen“-Original beim Restaurator

Auf einem vergilbten Notenblatt ist in wenigen Takten ein Stück deutsch-deutscher Fernsehgeschichte niedergeschrieben: die Melodie des TV-Klassikers „Unser Sandmännchen“. Nun muss es zum Restaurator.

Es ist eine Melodie mit Ohrwurm-Charakter, die der Berliner Komponist und Musiker Wolfgang Richter in einer November-Nacht 1959 zu Papier brachte. Eilig schuf er damals das Lied zur Kindersendung „Unser Sandmännchen“. 66 Jahre später hat Komponisten-Enkelin Anne Wöhner das vergilbte Notenblatt in die Werkstatt des Restaurators Werner Obermeier in Niederbayern gebracht. Der Fachmann will die historische Partitur vor dem weiteren Verfall bewahren. 

Für Anne Wöhner ist das Notenblatt eine wertvolle Erinnerung an ihren Großvater und an ihre Kindheit. Wenn ihr Großvater früher am Flügel saß und spielte, habe sie als kleines Mädchen oft zusammen mit ihrer Schwester und ihrer Cousine dazu getanzt.

Als sie das Autograph vor knapp fünf Jahren von ihrem Vater weitervererbt bekam, habe sie einen speziellen Rahmen mit Museumsglas fertigen lassen, erzählt sie. So sollte das Papier vor schädigender Lichteinstrahlung geschützt sein. Weil die Schrift aber dennoch verblasst, lässt sie das Notenblatt nun restaurieren.

„Demut vor dem Objekt“

Werner Obermeier betreibt eine Buchbinderei in Rottenburg an der Laaber im Landkreis Landshut und ist auch auf die Restaurierung historischer Bücher spezialisiert. Die Arbeit mit Originalen bedeute eine besondere Verantwortung. „Man braucht eine gewisse Demut vor dem Objekt“, sagt er. Den Kontakt zu Obermeier habe ihr auf ihre Anfrage hin der Radiosender „Bayern 1“ hergestellt, berichtet Wöhner. 

Während der Restaurator den Bilderrahmen aus Nussbaumholz vorsichtig öffnet, um das Papier in Augenschein zu nehmen, rät er der Besitzerin, künftig ein Duplikat aufzuhängen. Das Original wäre lichtgeschützt in einer Box besser aufgehoben, lautet sein Tipp.

Nachgebessert oder gar nachgemalt werden soll die Schrift auf dem historischen, nachgedunkelten Papier nicht. „Es geht darum, die Alterung zu verlangsamen“, sagt Obermeier. Winzige Risse in dem Papierbogen sollen von der Unterseite her mit Japanpapier ausgefüllt werden. Zudem müsse der Klebstreifen, mit dem das Papier im Bilderrahmen befestigt ist, entfernt werden, um es danach konservatorisch einwandfrei lagern zu können.

Notenblatt allgemein in gutem Zustand

Insgesamt sei das Notenblatt noch in einem guten Zustand, bescheinigt der Fachmann der Komponisten-Enkelin. Überschrieben sind die Notenzeilen schlicht mit „Sandmann, lieber Sandmann“.

Das Ost-Fernsehen habe damals mitbekommen, dass das West-Fernsehen eine „Sandmann“-Sendung plante, erzählt Wöhner. Da habe der Osten schneller sein wollen und ihr Großvater den Auftrag bekommen, eilig die Titelmelodie zu schreiben. Den Text habe ihm eine Fernsehredakteurin durchtelefoniert, drei Stunden später sei die Komposition fertig gewesen.

Dass das Lied einmal gesamtdeutsches Kulturgut werden und deutsch-deutsche TV-Geschichte schreiben würde, konnte Richter damals nicht ahnen. Musik für Film und Fernsehen zu komponieren, sei sein Alltag gewesen, so die Enkelin. Ihm sei es nicht darum gegangen, berühmt zu werden

Aufbewahren will Anne Wöhner das Original künftig in einer eigens dafür gefertigten Kassette mit Leinenbezug – möglichst in der Farbe Nachtblau, passend zum „Sandmännchen“.

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