„Maischberger“: Abstimmen mit Rechtsextremen? Spahn windet sich

Im ARD-Polittalk „Maischberger“ sollte es um die Frage nach der Zusammenarbeit in der Regierung gehen. Jens Spahn setzt auf Einklang mit der SPD. Auf Teamwork mit Merz. Und den Papst.

Als Sandra Maischberger am Vorabend ihren Gast Jens Spahn (CDU) begrüßte, ging es zunächst mal um den Blick zurück. Mit 22 Jahren ist Spahn in den Bundestag gekommen. Mehr als die Hälfte seines Lebens hat er dort nun verbracht. Dazu gab es einen Einspieler aus dem Jahr 2002, mit Spahn als dynamischem Twenty-Something in beigefarbenem Anzug. Ob ihn diese Zahlen erschrecken, wollte Sandra Maischberger zunächst einmal wissen. „Ich war mal der Jüngste in der Fraktion und im Bundestag“, so Spahn. „Das hat sich geändert, diese Zeit verging sehr schnell. Und die Jacketts sind etwas dunkler geworden.“ 

Spahn erzählte von seinen Fahrten durch den Wahlkreis – im Golf I Cabrio, seinem ersten Auto. Er habe sich ein paar Mal geprüft, „vor allem nach der letzten Wahlniederlage“, gestand Spahn, aber „die Dynamik sei geblieben“. 150, 180 Prozent müsse man in der Spitzenpolitik geben, „das musst du wollen“, so Spahn. Er wolle das, „es brennt“ bei ihm immer noch.

Dass dieses Feuer schon zu Schulzeiten loderte, machte Maischberger mit einem Zitat aus Spahns Abi-Zeitung klar. „Bundeskanzler“ hatte Spahn dort beim Berufswunsch angegeben. Jetzt sei er CDU-Fraktionsvorsitzender, so Maischberger, wie vor ihm Adenauer, Kohl, Merkel und Merz. Seinem Ziel sei er damit so nah wie nie zuvor. Wie sehr könne Merz sich auf ihn verlassen, wenn es um das „Organisieren“ von Mehrheiten geht, nachdem es bei der Kanzlerwahl ja schon mal nicht geklappt hat? Spahn mit der vielleicht kürzesten Antwort des Abends: „Friedrich Merz vertraut mir, ich vertraue Friedrich Merz, sonst würden wir das in dieser Konstellation nicht machen. Punkt.“

Maischberger stellt Spahn die entscheidende AfD-Frage

Ob Union und SPD ohne Streit regieren können, das war die thematische Klammer für das Gespräch mit Jens Spahn. Der ist sich mit Matthias Miersch, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, zunächst mal in einem essenziellen Punkt einig: „Wir wollen Stabilitätsfaktoren in einer unruhigen Zeit sein. Auf diese Koalition, auf diese Regierung kommt viel zu. Es gibt einen Krieg in Europa. Wir sind in der Rezession. Die Gesellschaft ist polarisiert, gespalten, wie nie zuvor in der Bundesrepublik. Unser Ziel ist es, dass die Fraktionen im Bundestag die Ruhepole, die Stabilitätsfaktoren sind.“

Mit einer Partei wie der AfD im Bundestag, noch dazu mit 152 Sitzen, ist gerade die Frage nach der Stabilität eine besonders akute. Wie es denn aussähe, wenn Zweidrittel-Mehrheiten gefordert sind, fragte Maischberger, etwa wenn es um eine Grundgesetz-Änderung geht. Fällt dann der Unvereinbarkeitsbeschluss? Im Januar hatte die Abstimmung über strengere Regeln für Asyl-Bewerber hohe Wellen geschlagen. Damals hatte Friedrich Merz die Stimmen der AfD in Kauf genommen. Wie wäre das jetzt? 

„Wir haben eine Mehrheit für alles, was wir vorhaben“, entgegnet Spahn. „Deswegen spreche ich von einer Grundgesetz-Änderung“, erwidert Maischberger. Spahn verfällt in Wahlkampf-Stakkato. „Familiennachzug einschränken, Kontrolle über illegale Migration, Wirtschaftswachstum, Energiekosten senken, Abschreibung, Bürokratie abbauen“, all das hätte man in Angriff genommen, dafür habe man die nötigen Mehrheiten.

Jens Spahn: „Wir werden immer mit der SPD zusammen abstimmen“

Maischberger lässt nicht locker. Und was ist mit den Zweidrittel-Mehrheiten? Spahn: „Wir werden immer mit der SPD zusammen abstimmen. Wenn Sie mich fragen, ob ich es ausschließen kann, dass die AfD jemals unseren Gesetzen zustimmt? Nein. Werden die Gesetze dadurch schlechter? Nein.(…) Meine Aufgabe ist es, unser Ziel ist es, dass wir diese Mehrheit auch haben, diese Regierung damit tragen und das werden wir entsprechend umsetzen.“ 

Maischberger zitiert den CDU-Fraktionsvorsitzenden noch einmal. Erst im April hatte er gesagt, man müsse mit der AfD umgehen, wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch. Mittlerweile gilt die AfD als gesichert rechtsextrem. Den Abgeordneten wurde jetzt mitgeteilt, dass man keinen Ausschussvorsitzenden der AfD mit den Stimmen der Unionsabgeordneten wählt. Normaler Umgang? Und was ist nun mit der Zweidrittel-Mehrheit? Nach einigem Hin und Her kapituliert Maischberger mit einem Lächeln: „Ich halte fest, heute werden wir das nicht klären. Sie wollen sich nicht festlegen, das heißt, Sie lassen sich eine Tür vielleicht offen.“

Spahn unterstreicht es dann doch noch einmal: „Mit der Einstufung durch den Bundesverfassungsschutz, als gesichert rechtsextrem, hat sich natürlich auch die Lage geändert. Wir nehmen das sehr, sehr ernst. Welche Schlüsse wir daraus ziehen, werden wir sehen, aber natürlich verändert eine solche Entscheidung etwas. Deswegen haben wir gemeinsam mit der SPD die Ausschussvorsitzenden heute nicht gewählt.“

Über die Methode Spahn, die Schwierigkeiten des Atlantikbündnis angesichts eines erratischen US-Präsidenten und die Männerclique im Koalitionsausschuss, landete man schließlich noch beim Papst. Der neue Pontifex, was traut Jens Spahn ihm zu? „Ich kenne ihn nicht wirklich. Auch als Katholik habe ich den Namen am Tag der Verkündung zum ersten Mal gehört“, schmunzelt der. „Ich hoffe, er kann die Kirche zusammenführen, zusammenhalten und im Zweifel dem amerikanischen Präsidenten, der sich über den amerikanischen Papst sehr gefreut hat, zeigen, wie wichtig es ist, mit anderen zusammenzuarbeiten.“

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