Das ehemalige Kreuzfahrtschiff „Villa Vie Odyssey“ bietet Senioren und Nomaden ein Zuhause auf See. Eine Weltreise mit All-inclusive-Service – doch auch mit Risiken.
Die „Villa Vie Odyssey“, ursprünglich als „Braemar“ 1993 gebaut, nimmt ausschließlich Dauergäste auf, keine Urlauber. Diese geben ihren Wohnsitz auf dem Festland auf, kaufen eine Kabine und ziehen dauerhaft an Bord.
Das Angebot richtet sich vor allem an Senioren und digitale Nomaden, die reisen und einen umfassenden Service genießen möchten. Ein Pflegeheim ist die „Odyssey“ jedoch nicht. Der Sender CNN sprach mit einer Bewohnerin: Sharon Lane lebt erst seit wenigen Tagen an Bord und hat sich damit einen Traum erfüllt. „Ich kann endlich das tun, was ich seit Jahren tun wollte“, sagte sie dem Sender. Die 77-Jährige plant, 15 Jahre an Bord zu bleiben – die geschätzte Lebensdauer des Schiffs. Die „Odyssey“, etwa 30 Jahre alt, wurde 2023 in der Harland & Wolff Werft in Belfast umfassend renoviert, mit Starlink-Internet, einem Golf-Simulator, Coworking-Bereichen und einem kulinarischen Zentrum ausgestattet.
Die Kunden kaufen die Nutzung einer Kabine und zahlen zusätzlich eine monatliche Betriebsgebühr. Der Start der dreieinhalbjährigen Weltreise, die 425 Häfen in 147 Ländern umfasst, verzögerte sich aufgrund technischer Probleme mit Grauwassertanks und der Ruderanlage bis Oktober 2024. Betrieben wird das Schiff von einem Kreuzfahrt-Startup. Für die Kunden stellt das ein wirtschaftliches Risiko dar, da keine große Firma hinter dem Projekt steht.
Probleme der Kreuzfahrt zu Beginn
So wurde die erste Weltreise auch von kleineren Problemen begleitet. Die Galapagosinseln wurden gestrichen, weil das Schiff dafür eine ecuadorianische Crew gebraucht hätte, erklärte CEO Mikael Petterson gegenüber CNN. „Die Falklandinseln waren wegen Windgeschwindigkeiten von 50 Knoten nicht zu erreichen.“ Für die Fahrt in die Antarktis hat das Schiff die notwenigen Zertifikate nicht rechtzeitig erhalten. Angesichts von 15 Jahren Dauerreise fallen diese Startschwierigkeiten jedoch kaum ins Gewicht.
Die Kabinen können untervermietet werden, doch die meisten Gäste möchten dauerhaft an Bord wohnen. „Die meisten unserer Kabinen werden an Vollzeit- oder überwiegend Vollzeitbewohner verkauft“, so Petterson. „Ich kenne nur wenige Bewohner, die Kabinen als Kapitalanlage besitzen und aktiv vermieten. Die meisten Vermietungen kommen von Eigentümern, die sich entscheiden, für eine gewisse Zeit nicht auf dem Schiff zu wohnen.“
Günstiger als Urlaubs-Kreuzfahrer
Die Kabinenpreise beginnen bei 99.999 Dollar; für Meerblick müssen mindestens 169.000 Dollar bezahlt werden. Angesichts der Immobilienpreise in Kalifornien sind das Schnäppchen. Das „Endless Horizons“-Programm ermöglicht Lebenszeitkabinen ab 299.999 Dollar für Einzelbelegung oder 499.999 Dollar für Doppelkabinen. Die monatlichen Gebühren betragen 2000 Dollar für eine Person, für ein Paar 3000 Dollar. Die „Odyssey“ ist damit weltweit der erste Wohn-Kreuzfahrer für Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen. Das zweite Schiff dieser Art, „The World“, zielt auf das Luxussegment ab, mit einem Einstiegspreis von mindestens 2,5 Millionen Dollar.
Mit den monatlichen Gebühren sind die üblichen Leistungen eines Ferienresorts abgedeckt: Essen, alkoholfreie Getränke, Wein oder Bier zum Abendessen, 24-Stunden-Zimmerservice, wöchentliche Zimmerreinigung und zweiwöchentlicher Wäscheservice. „Ich muss meine Wäsche nicht mehr waschen. Ich muss nicht mehr einkaufen“, freut sich Lane. „Das Leben auf dem Schiff ist viel günstiger als in Südkalifornien.“ Lane hat allerdings auch eine besonders günstige fensterlose Kabine gekauft, vorn im Schiff gelegen, dort wo die Bewegungen besonders spürbar sind.
Dorf auf See
An Bord wird ein Unterhaltungsprogramm angeboten, das etwas eingeschränkter ausfällt als auf einem Urlaubsschiff. Dafür bildet die Gemeinschaft der Bewohner eine faszinierende Mischung, so Petterson: „Wir haben eine sehr vielfältige Gemeinschaft, darunter einen Friedensnobelpreisträger, einen ehemaligen Stabschef des Weißen Hauses, einen Astronauten sowie zahlreiche Wissenschaftler und Ärzte, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen.“
Quellen: Villa Vie Residences, CNN