Kambodscha hat vor dem UN-Sicherheitsrat eine „sofortige und bedingungslose“ Waffenruhe im wiederaufgeflammten Grenzkonflikt mit Thailand gefordert. Kambodscha wolle eine „friedliche Lösung“ des seit Jahrzehnten schwelenden Konflikts, erklärte der kambodschanische UN-Botschafter Chhea Keo am Freitag. Zuvor hatte Thailand vor der Gefahr eines Krieges gewarnt. Die Zahl der Todesopfer stieg indes auf 33 und übertraf damit die Opferzahl von 28 Toten während der letzten Eskalation des Konflikts vor rund 15 Jahren.
Die von Kambodscha einberufene Sitzung des UN-Sicherheitsrats fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. „Wie können sie uns, ein kleines Land mit einer dreimal kleineren Armee und ohne Luftwaffe, beschuldigen, einen großen Nachbarn anzugreifen?“, fragte Keo nach der Sitzung mit Blick auf Thailand. Beide Länder beschuldigen sich gegenseitig, zuerst angegriffen zu haben, und verweisen auf ihr Recht zur Selbstverteidigung.
Der Sicherheitsrat habe „beide Seiten aufgefordert, äußerste Zurückhaltung zu üben und eine diplomatische Lösung anzustreben. Das ist auch unsere Forderung“, sagte Keo.
Am Samstag meldeten beide Seiten den dritten Tag in Folge heftige Gefechte. Kambodscha warf thailändischen Streitkräften vor, gegen 05.00 Uhr (Ortszeit, 00.00 Uhr MESZ) „fünf schwere Artilleriegeschosse“ auf die Provinz Pursat abgefeuert zu haben, die an die thailändische Provinz Trat grenzt.
Die thailändische Armee hatte am Freitag den Tod von fünf Soldaten gemeldet. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf thailändischer Seite auf 20. Laut dem thailändischen Gesundheitsministerium wurden in den Grenzgebieten mehr als 138.000 Menschen in Sicherheit gebracht.
Nachdem Kambodscha zunächst nur ein Todesopfer gemeldet hatte, stieg die Zahl am Samstag auf 13 an. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums handelt es sich bei den Toten um fünf Soldaten und acht Zivilisten. Außerdem gebe es 71 Verletzte. 35.000 Menschen seien wegen der Kämpfe aus dem Gebiet evakuiert worden.
Die seit Donnerstag anhaltenden Kämpfe sind die jüngste Eskalation in einem seit Jahrzehnten andauernden Streit um die Grenzziehung im sogenannten Smaragd-Dreieck, wo die thailändische Provinz Surin und die kambodschanische Provinz Oddar Meanchey sowie der Nachbarstaat Laos aneinander grenzen. In dem Gebiet stehen mehrere alte Tempel.
Der Konflikt hatte zuletzt vor mehr als 15 Jahren Gefechte ausgelöst und war im Mai erneut aufgeflammt, als ein kambodschanischer Soldat durch Schüsse getötet wurde. Diese Woche war der Konflikt erneut eskaliert, nachdem ein thailändischer Soldat an der Grenze auf eine kambodschanische Mine getreten war und ein Bein verloren hatte.
Die thailändische Regierung warnte am Freitag vor einer möglichen Ausweitung der Kämpfe zu einem Krieg. „Falls die Situation eskaliert, könnte sie sich zu einem Krieg entwickeln, auch wenn es bislang bei Zusammenstößen bleibt“, sagte Übergangsregierungschef Phumtham Wechayachai.
In sieben Bezirken der an das Nachbarland angrenzenden Provinz Chanthaburi und einem Bezirk der benachbarten Provinz Trat verhängte Thailand nach Grenzschutzangaben am Freitag das Kriegsrecht.
Der thailändische Außenamtssprecher Nikorndej Balankura sagte der Nachrichtenagentur AFP vor der UN-Sitzung, Thailand sei bereit für Verhandlungen. „Wir sind bereit, wenn Kambodscha diese Angelegenheit auf diplomatischem Wege, bilateral oder sogar über Malaysia regeln möchte.“ Bislang habe es jedoch noch keine Antwort von dem Nachbarland gegeben.
Kambodschas Regierungschef Hun Manet erklärte wiederum, Thailand habe sich bereits aus einem vorgeschlagenen Waffenstillstand zurückgezogen. Sein Land warte auf eine „echte Bereitschaft“ zur Deeskalation von Seiten Bangkoks.